1945-1970
Entwicklung und Strukturierung der REFA-Stufenausbildungen
REFA-Grundsatzausschuss Ausbildung mit Richtlinienkompetenz
Während die REFA-Ausbildungen vor dem Krieg primär auf die Berechnung von Arbeitszeiten und Zeitkalkulationen fokussiert waren, forderte der damalige REFA-Geschäftsführer, Dr. Böhrs, eine mehrstufige Gliederung der Ausbildung, um den vielfältigen Anforderungen des Arbeitsstudiums gerecht zu werden.
Schon im Jahr 1948 begann in den verschiedenen regionalen Gliederungen eine intensive Ausbildungstätigkeit. Es wurden Fortbildungsseminare für REFA-Lehrkräfte angeboten, wobei Sonderdrucke des zweiten REFA-Buches als Lehrmaterial dienten. Die Umsetzung des Stufenkonzepts erfolgte dann während der „Seminar-Lehrerkonferenz“ im Januar 1951 in Goslar unter der Leitung von Dr. Böhrs. An dieser nahmen insgesamt 14 von den Regionalverbänden berufene REFA-Lehrkräfte teil, die in Zukunft an der REFA-Lehrerausbildung mitwirken und die REFA-Lehrtätigkeit in ihren Regionen betreuen sollten. Diese Konferenz legte den Grundstein für die Arbeiten des späteren „REFA-Grundsatzausschusses Ausbildung“.
Darüber hinaus wurden über die lokalen REFA-Gliederungen hinaus 14 „REFA-Lehrer-Konferenzgebiete“ geschaffen. Die Leiter dieser Zusammenschlüsse erhielten gleichzeitig einen Sitz und eine Stimme im Grundsatzausschuss Ausbildung, wodurch ein erstes Gremium innerhalb des REFA-Verbandes etabliert wurde, das sich dem Erfahrungsaustausch in der REFA-Lehre und den REFA-Ausbildungen widmete. Das Gremium wurde von hauptberuflichen Betreuern koordiniert und unterstützt, die Mitarbeiter des REFA-Instituts waren. Zudem wurden erste Maßnahmen zur Organisation des Lehrbetriebs und dessen Vertrieb eingeleitet.

Dr. H. Böhrs
Zeitschrift „Der REFA-Lehrer“ – das Informationsmedium für die Lehrerschaft
Um den Informationsfluss zwischen den Konferenzgebieten sowie innerhalb der Lehrerschaft des Verbands zu gewährleisten, wurde das interne Mitteilungsblatt „Der REFA-Lehrer“ ins Leben gerufen. Ursprünglich erschien dieses Medium unregelmäßig in Loseblattform und versorgte die Lehrkräfte mit Neuigkeiten über die Entwicklung und Verbreitung der REFA-Lehre.

Prof. Dr. Gerhard P. Bunk
Im Jahr 1989 wandelte sich das Informationsblatt in die zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift „Aus- und Weiterbildung – Fachzeitschrift für Entwicklung, Lehre und Know-how-Transfer“, die auch von Nicht-REFA-Mitgliedern abonniert werden konnte. Das Redaktionsteam setzte sich aus REFA-Ingenieur Rolf Meyer, Hans-Joachim Adam und Prof. Dr. Gerhard Bunk zusammen. Letzterer, ein Experte für Arbeits- und Berufspädagogik, trug als Autor zum Band „REFA-Methodenlehre – Teil Arbeitspädagogik“ bei und war zudem Vorsitzender des REFA-Ausschusses für Arbeitspädagogik.
Die Zeitschrift berichtete weiterhin über die neuesten Entwicklungen in der REFA-Lehre und die Ausbildungspraxis der REFA-Seminare. Zusätzlich wurden allgemeine Fachbeiträge zur Arbeits- und Berufspädagogik sowie zum beruflichen Bildungswesen aufgenommen.

Der REFA-Lehrer
Strukturierung der REFA-Ausbildungen zu einem Ausbildungssystem
Die Konferenz in Goslar beruhte auf Dr. Böhrs' Konzept einer dreistufigen Ausbildungsstruktur:
- Stufe – Brancheneinheitliche Grundausbildung: Diese umfasste Zeitstudien, Arbeitsgestaltung und Arbeitsbewertung. Die Mindestdauer des Grundlehrgangs wurde auf 120 Lehr- und Übungsstunden festgesetzt, was einer Verdreifachung im Vergleich zu den Vorkriegslehrgängen entsprach. Besondere Bedeutung erhielt dabei das Thema Arbeitsgestaltung, neben den klassischen Schwerpunkten der Vorgabezeitermittlung und Arbeitsbewertung. Als Lehrmaterialien dienten die neu entwickelten REFA-Bücher. Bereits 1954 wurde entschieden, Ingenieuren eine verkürzte Grundausbildung zu ermöglichen.
- Stufe – Fachspezifische Sonderausbildung: Diese Stufe fokussierte auf Spezialausbildungen in Arbeitsgestaltung und -vorbereitung sowie Arbeitsunterweisung.
- Stufe – Seminare für Führungskräfte: Schon 1953 erkannte man die Notwendigkeit einer speziellen Schulung für Führungskräfte im Arbeitsstudium, die sowohl Spezialwissen vermitteln als auch die Entscheidungsfindung thematisieren sollte. Das entwickelte „Seminar für Betriebsleitung und Arbeitskunde“ umfasste acht einwöchige Hauptthemen, darunter Betriebsleitung und Produktivität, Mitarbeiterausbildung, Leistung und Lohn, Rationalisierung des Arbeitsablaufs, Stoffwirtschaft und Betriebsmittel, Auftrags- und Terminplanung sowie Kosten und Wirtschaftlichkeit. Die Lehre wurde von ausgewählten Experten aus Praxis und Wissenschaft vermittelt. Diese Seminare erweiterten die REFA-Lehre vom Arbeitsstudium zur Arbeitswissenschaft.

Eröffnung des 1. Seminars für Betriebsleitung und Arbeitskunde 1953 mit allen REFA-Verantwortlichen:
v.l.n.r.: Dr. Böhrs, Dr. Mittelsten-Scheid, Dr. Mörtzsch, Dr. Magnus
Neue Impulse für Inhalte und Durchführung der Führungskräfteseminare kamen nach einer Studienreise in die USA, wobei auch die Übersetzung des „Industrial Engineering Handbooks“ durch Prof. Kurt Krüger, welches als Lehrmaterial verwendet wurde, einen maßgeblichen Beitrag leistete.
Zu Beginn der 1960er-Jahre schlug Dr. Pechhold eine Umstrukturierung der Führungskräfteseminare vor, die daraufhin umgesetzt wurde. Ab 1962 trug das Seminar den Titel „Seminar für Industrial Engineering“. Das erste offizielle Seminar dieser Art fand 1964 statt. Bis zum Jahr 1972 hatten 1.600 Teilnehmer diese Ausbildung absolviert, wovon ein Viertel die Qualifikation als REFA-Ingenieur erwarb.
Im Jahr 1968 wurde das Ausbildungsangebot um die „Seminare für REFA-Techniker“ erweitert, um Führungskräften im Arbeitsstudium, die eine Ausbildung als Meister oder Techniker abgeschlossen hatten, eine REFA-Qualifikation zu ermöglichen. Der Lehrplan dieser Seminare gliederte sich in drei Dekaden zu je 10 Lehrtagen mit folgenden Themen:
- Dekade: Menschenführung und Betriebsorganisation, arbeitstechnische Rationalisierung
- Dekade: Datenermittlung, Arbeitsorganisation
- Dekade: Kostenrechnung und Wertanalyse, Lohngestaltung, Fallstudie, Abschlussprüfung

Dr. Engelbert Pechhold

Prof. Kurt Krüger
Die Ausbildungsmaßnahmen der ersten beiden Stufen wurden von den REFA-Bezirken durchgeführt, während die dritte Stufe in den Zuständigkeitsbereich des REFA-Instituts fiel, das auch für die Koordination der gesamten Ausbildung verantwortlich war. Die Seminare für REFA-Techniker und Industrial Engineering wurden zu einem zentralen Bestandteil der Institutsarbeit.
Mit der Einführung der dreistufigen Ausbildungsstruktur und begleitenden organisatorischen Maßnahmen konnte eine signifikante Steigerung der Teilnehmerzahlen erreicht werden. Von den 1950er-Jahren bis 1972 stieg die Zahl der Teilnehmerstunden von etwa 200.000 auf 5,4 Millionen. Dies entsprach einer Zunahme der Lehrgänge von rund 100 langfristigen Kursen im Jahr 1950 auf 700 im Jahr 1960 und schließlich etwa 1.800 Kurse im Jahr 1970.
Von dieser Entwicklung profitierten vor allem die REFA-Grundlehrgänge in den REFA-Gliederungen. Die zunehmende Lehrtätigkeit des REFA-Instituts in seiner ständigen Ausbildungsstätte in Darmstadt förderte ebenfalls die Seminare für Führungskräfte.

Handbuch Industrial Engineering
Weiterentwicklung zur REFA-Stufenausbildung der 70er-Jahre
Bereits Mitte der 1950er-Jahre wurde deutlich, dass die Seminare für praktische Übungen zu wenig Zeit boten und deshalb einige Themen nur oberflächlich behandelt werden konnten. Als Reaktion darauf, beschloss der Grundsatzausschuss Ausbildung ab 1958 die Stundenzahl des Grundlehrgangs mehr als zu verdoppeln.
In der zweiten Stufe der Ausbildung schloss sich die Fachausbildung an, die aus Sonderlehrgängen zu den Bereichen Arbeitsvorbereitung, Kostenwesen und Statistik sowie aus branchenspezifischen Fachlehrgängen bestand.
Den Abschluss der Ausbildungsreihe bildeten Seminare für Führungskräfte, die auf die Bedürfnisse und Herausforderungen von leitenden Angestellten zugeschnitten waren.
Diese dreistufige Struktur der REFA-Ausbildung blieb bis in die 1970er-Jahre erhalten.

Struktur der REFA-Ausbildung