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Entwicklungsgeschichte der REFA-Methoden

2010-2024
Neuorganisation und neue Strategien der REFA-Methodenentwicklung

REFA-Methoden des Industrial Engineering in der digitalisierten Arbeitswelt

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts erlebte die Arbeitswelt einige gravierende Veränderungen. Aber auch aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise der demografische Wandel oder die fortschreitende Digitalisierung (Stichwort: Industrie 4.0), konfrontieren Unternehmen mit neuen Herausforderungen. Zu lösen gilt es unter anderem Fragestellungen bezüglich der Beherrschung zunehmend komplexer Prozesse sowie der ergonomischen und gleichzeitig wirtschaftlichen Gestaltung von Produktion und Arbeit. An dieser Stelle greifen die Neuentwicklungen und Weiterbildungen der REFA-Methoden und -Seminare.

Die Entwicklungsarbeiten wurden ab 2015 beim REFA-Verband neu strukturiert, und es wurde ein spezielles Institut für sämtliche Entwicklungsarbeiten in Dortmund ins Leben gerufen: das REFA-Institut unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Patricia Stock, einer ausgewiesenen Arbeitswissenschaftlerin. Sie übernahm die Verantwortung für das Schrifttum und die Projektleitung, die Betreuung der beteiligten Autoren aus Wissenschaft, Industrie und REFA-Lehrenden sowie die Autorenschaft vieler Themengebiete.

Prof. Dr.-Ing. Patricia Stock

Prof. Dr.-Ing. Patricia Stock

Die erste strategische Zielsetzung bestand darin, die REFA-Ausbildungen an die neuen Herausforderungen, insbesondere durch Industrie 4.0, anzupassen bzw. neue REFA-Standards zu etablieren. Ein zentraler Schlüssel für die Bewältigung dieser neuen Zielsetzungen ist das Industrial Engineering, das die Anwendung von Methoden und Erkenntnissen zur ganzheitlichen Analyse, Bewertung und Gestaltung komplexer betrieblicher Systeme, Strukturen und Prozesse umfasst.

Um betriebliche Praktiker für die Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt zu rüsten, bietet REFA eine systematische Vermittlung von Methoden in einem klar strukturierten und neu entwickelten Ausbildungssystem im Bereich des Industrial Engineering an:

Die REFA-Grundausbildung 4.0 vermittelt dabei das Basiswissen im Industrial Engineering. Der REFA-Arbeitsorganisator ist qualifiziert, Arbeitsabläufe zu analysieren und zu strukturieren, Arbeitsplätze arbeitsorganisatorisch und ergonomisch zu gestalten sowie Prozessdaten zu ermitteln und anzuwenden. Die Ausbildung zum REFA-Techniker für Industrial Engineering vermittelt Problemlösungs- und Handlungskompetenz für die operative Prozess- und Wertstromgestaltung. Die Ausbildungen zum REFA-Industrial-Engineer und zum REFA-Ingenieur zielen auf die Übernahme von Aufgaben auf strategischer Ebene ab.

Industrie 4.0 – REFA-Grundausbildung 4.0

Um den Anforderungen der Digitalisierung, wie sie durch Industrie 4.0 und Lean Production hervorgerufen werden, gerecht zu werden, sind die richtigen Werkzeuge und das entsprechende Methoden-Know-how essenziell. Aus diesem Grund wurde die REFA-Grundausbildung methodisch weiterentwickelt. Bei einer Neustrukturierung der Lehrinhalte wurden die REFA-Standardprogramme zur systematischen Analyse und Gestaltung von Arbeitssystemen und Prozessen sowie zur Ermittlung und Auswertung von Arbeitsdaten besonders hervorgehoben. Dies ist entscheidend, um Engpässe, Schwachstellen und Verschwendungen zu identifizieren, zu bewerten und durch geeignete Methoden Verbesserungspotenziale zu erschließen und somit die Basis für die digitale Arbeitswelt zu schaffen. In der neu ausgerichteten REFA-Grundausbildung werden daher die Bedeutung und die Einsatzpotenziale der bewährten REFA-Methoden in einer digitalen Arbeitswelt betont. Es wird aufgezeigt, wie damit schlanke Prozesse im Sinne der Lean Production generiert werden können. Diese methodische Grundlage findet auch in den Ausbildungsmodulen „Analyse und Gestaltung von Prozessen“ und „Ermittlung und Anwendung von Prozessdaten“ ihren Ausdruck.

Die praktische Umsetzung der Methoden erfolgt durch ein bewährtes Praxisbeispiel. Die Weiterentwicklung wurde durch eine Neukonzeption der Lehrmaterialien begleitet. Die REFA-Methoden werden nun anhand der REFA-Fachbuchreihe zum Industrial Engineering vermittelt, ergänzt durch Arbeitsblätter mit Übungsaufgaben und Anleitungen für ein durchgängiges Praxisbeispiel. Zudem wurde der Schriftsatz didaktisch neu aufbereitet und die REFA-Schaubilder, Standardprogramme und Grafiken neu und in Farbe gestaltet.

REFA-Grundausbildung 4.0

REFA-Grundausbildung 4.0

REFA-Grundausbildung 4.0 - Begriffe und Formeln

REFA-Grundausbildung 4.0 - Begriffe und Formeln

Ergänzt wird das Schrifttum zur REFA-Grundausbildung 4.0 mit einem Kompendium, in dem alle wesentlichen Begriffe, Formeln und Standards aufgeführt sind.

Methoden zur operativen Prozess- und Wertstromgestaltung

In den Jahren 2014/15 stand die Frage im Vordergrund, welche REFA-Methoden für die Gestaltung komplexer Produktionssysteme und die Optimierung der Wertströme eingesetzt werden können. Die Lösung basierte auf der Anwendung bewährter REFA-Methoden sowie auf den Neuentwicklungen von REFA-Standardprogrammen.

Diese Methoden wurden in Kooperation mit der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Sven Hinrichsen und Prof. Dr. Wilfried Jungkind entwickelt. In das Spektrum der Methoden wurden neue REFA-Standardprogramme aufgenommen, darunter:

  • Das REFA-Standardprogramm PEP (Produkt- und Dienstleistungsentstehungsprozess sowie montagegerechte Produktgestaltung),
  • das REFA-Standardprogramm Betriebsmittelmanagement und
  • das REFA-Standardprogramm Wertstrommethode.
Prof. Dr. Wilfried Jungkind

Prof. Dr. Wilfried Jungkind

Prof. Dr.-Ing. Sven Hinrichsen
Prof. Dr.-Ing. Sven Hinrichsen

Das Ziel dieser Standardprogramme war und ist es, Fachkräfte in Unternehmen bereits in der Phase des Produktentstehungsprozesses mit dem erforderlichen Know-how auszustatten. Dieses Know-how erstreckt sich von der Gestaltung von Arbeitssystemen und der Prozessoptimierung über das Betriebsmittelmanagement bis hin zur Wertstromgestaltung. Die Vermittlung des Wissens und dessen Anwendung finden in zwei Seminaren statt: „Gestaltung von Produktionssystemen mit REFA“ und „Optimieren der Wertschöpfung mit REFA“.

In diesen Seminaren erlernen die Teilnehmer, durch die systematische Anwendung der REFA-Standardprogramme und mit Hilfe von umfangreichen Checklisten, verschiedene Produktionssysteme zu gestalten und zu optimieren. Dabei wird eine methodisch geschickte Kombination aus theoretischen Grundlagen und praxisnahen Anwendungsfällen geboten.

REFA-Standards im Industrial Engineering

Industrial Engineering umfasst die Anwendung von Methoden und Erkenntnissen für die ganzheitliche Analyse, Bewertung und Gestaltung komplexer Systeme, Strukturen und Prozesse in der Betriebsorganisation. Das Ziel besteht darin, sowohl die Gestaltung von Einflussgrößen als auch die Prozessgestaltung unter Berücksichtigung des sozialen, ökonomischen, ökologischen und rechtlichen Rahmens zu optimieren. Angepasst an diese Definition wurden spezielle Methoden und Standards für die Ausbildung zum REFA-Industrial-Engineer und REFA-Ingenieur entwickelt. An den Entwicklungsarbeiten waren Dr. Stock als Projektleiterin sowie die Professoren Jungkind und Gamber maßgeblich beteiligt.

Durch die REFA-IE-Methoden sind Absolventen dieser Ausbildung hervorragend darauf vorbereitet, den neuen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen und als Führungskräfte (Change Manager) Veränderungsprozesse zu erkennen, zu bewerten und zu initiieren. Auch hier bildet das Fundament die bewährten REFA-Methoden, auf denen die neu entwickelten REFA-IE-Methoden aufbauen, wie zum Beispiel:

Prof. Dr.-Ing. Thilo Gamber

Prof. Dr.-Ing. Thilo Gamber

  • Der REFA-Standard „Strategisches Personalmanagement“, um ein humanorientiertes Produktivitätsmanagement zu entwickeln und umzusetzen;
  • Methoden zur systematischen Gestaltung des Managements von Betriebsmitteln, Material und Logistik, zur Steigerung ihrer Produktivität sowie zur Neu- und Umplanung von Betriebsstätten;
  • Methoden zur Optimierung und Stabilisierung der Produktion und zum strategischen Einsatz von Lean Management;
  • Der REFA-Standard „Ganzheitliches Unternehmenssystem (GUS)“, um Unternehmens- und Bereichsziele systematisch zu entwickeln und in ein Managementsystem zu implementieren;
  • Der REFA-Standard „Industrie 4.0“, um unternehmensspezifische Lösungen der Industrie 4.0 zu identifizieren sowie deren Einführung und Betrieb effizient und nachhaltig zu realisieren;
  • Methoden für die Ausübung von Managementaufgaben und Personalführung.
Dipl.-Ing. Frank Recktenwald

Dipl.-Ing. Frank Recktenwald

Die Methoden- und Handlungskompetenz im Bereich des Industrial Engineering ist ein zentrales Thema der Ausbildung und wird anhand eines ganzheitlichen Anwendungsbeispiels, der „REFA-Modellfabrik“, in einem Produktionshochlauf-Szenario vermittelt. Mit dem „REFA-Standardprogramm der betrieblichen Logistik“ wurde die REFA-Methodenkompetenz auch im Bereich der Produktions- und Lagerlogistik fest etabliert. Dipl.-Ing. Frank Recktenwald entwickelte dieses Programm und dessen Umsetzung anhand einer Fallstudie. Diese zeigt, wie Ist-Situationen und Prozesse im Unternehmen, einschließlich des Lagers, analysiert, bewertet, optimiert und kontrolliert werden können. Fach- und Führungskräften wird damit ein effizientes Werkzeug an die Hand gegeben, um solche Analysen im eigenen Betrieb durchzuführen und methodische Verbesserungen zu implementieren.

REFA-Methoden im Kontext der Industriegeschichte
– vom Zeitstudium bis zur Digitalisierung

REFA hat den Wandel in der Industriegeschichte erfolgreich begleitet, indem der Fokus auf die Entwicklung von Methoden und das Industrial Engineering gelegt wurde.

Dies umfasst die Etablierung von Standards in den Bereichen Arbeits- und Zeitstudium, der Ermittlung von Vorgabezeiten und der Entlohnung, der Organisation von Arbeit und Prozessen, der ganzheitlichen Unternehmensentwicklung, bis hin zu Lean Production und der Digitalisierung.

REFA in der Geschichte

Fachbuchreihe Industrial Engineering, REFA-Grundausbildung 4.0, Teil 1, S. 1-43