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Entwicklungsgeschichte der REFA-Methoden

1990-2010
Neupositionierung der Entwicklungsarbeiten

Lehrmodule: Meilenstein in der Lehrmittelentwicklung

Seit seiner Gründung stand der REFA-Verband immer wieder vor der Herausforderung, sein Lehr- und Medienangebot an die Entwicklungen in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen. Das Jahr 1993 markierte dabei einen Wendepunkt in der Entwicklung von REFA-Lehrmitteln. Im Rahmen des zukunftsweisenden Projekts „REFA 2000“ zielte der Verband darauf ab, seine Arbeit noch stärker an den Anforderungen der Wirtschaft auszurichten. Ein wesentlicher Aspekt dieses Projekts war die Einführung einer neuen, modularen Struktur der REFA-Ausbildung. Diese ermöglichte es dem Verband, besonders flexibel auf die spezifischen Weiterbildungsbedürfnisse der Unternehmen einzugehen.

Ein Modul im Sinne dieses Konzeptes ist eine in sich abgeschlossene, kurze Lehreinheit zu einem Thema.

Jedes der etwa 300 Ausbildungsmodule sollte so konzipiert sein, dass es entweder als eigenständiges Seminar besucht werden kann oder als Teil eines strukturierten und qualifizierten REFA-Ausbildungsgangs dient. Diese Neukonzeption hatte signifikante Auswirkungen auf den Einsatz von Lehrmedien. Eine Projektgruppe des REFA-Bundesverbands, geleitet von Dipl.-Ing. Rolf Meyer, analysierte alle Modullehrpläne und entwickelte darauf abgestimmte „Modullehrunterlagen“.

Diese Lehrunterlagen übernahmen bewährte Inhalte aus vorhandenen Büchern und ergänzten sie durch neue Entwicklungen. Jedes Modul umfasste neben den Fachtexten einen einführenden Lehrplan sowie Praxisübungen und Wiederholungsfragen am Ende.

Im Entwicklungsprojekt waren die einzelnen Fachbereiche wie folgt aufgeteilt:

  • Daten, Zeit- und Entgeltmanagement: Dr. Gencoglu
  • Arbeitssystemgestaltung: Dr. Peters
  • Planung und Steuerung: Dr. Schönfelder
  • Kostenwesen: Dr. Kaufhold-Belwe
  • Qualitätsmanagement: Dr. Neumann
  • Verwaltung, Dienstleistung: Herr Lisson
  • EDV/Informationstechnik: Herr Köhler
  • Prüfungswesen: Herr Scheffner
  • Lektorat: Herr Adam
  • Koordinierung: Dr. Beier
Dipl.-Ing. Rolf Meyer

Dipl.-Ing. Rolf Meyer

Mit großem Einsatz arbeiteten Entwickler, Lektorat und Druckerei an der Fertigstellung, sodass bereits am 15. September 1994 die ersten Modullehrunterlagen für die REFA-Grundausbildung zur Verfügung standen. Heute werden die Modullehrunterlagen durchgehend in allen Ausbildungsbereichen eingesetzt, einschließlich Produktion, Dienstleistung und Verwaltung. Das Konzept erlaubt es, bei Bedarf schnell neue Methoden und Inhalte in die Lehrunterlagen zu integrieren

Modullehrunterlagen für die REFA-Grundausbildung

Modullehrunterlagen für die REFA-Grundausbildung

Prozessorientierte Arbeitsorganisation: die neue REFA-Kernkompetenz

Anfang der 1990er-Jahre löste Lean Management eine regelrechte „Revolution“ in den Produktionshallen der Industrieunternehmen aus. Der Vergleich unterschiedlicher Produktionsprinzipien mündete in einen Paradigmenwechsel in der Unternehmens- bzw. Organisationsgestaltung. Dieser Wechsel zeichnete sich durch die Abkehr von einer funktionsorientierten hin zu einer prozessorientierten Betrachtung aus, mit dem Ziel, Abläufe durch die Vereinfachung von Prozessen zu beschleunigen. Der Prozessgedanke war zwar traditionell in der REFA-Methodenlehre verankert, dort allerdings eher unter dem Begriff Ablaufstruktur bekannt.

Die genannten Veränderungen führten nicht nur in deutschen Industrieunternehmen zu Turbulenzen, sondern auch im REFA-Verband selbst. So initiierte der Verband bereits Ende der 1990er-Jahre einen Wandel, der sich heute in der Definition einer klaren REFA-Kernkompetenz sowie in der Erweiterung des Verbandsnamens zu „REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung“ widerspiegelt.

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Binner, REFA-Präsident 1999-2003

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Binner, REFA-Präsident 1999-2003

Prozessorientierung ersetzt Funktionsorientierung (Quelle: REFA-Lehrmodul Organisation der Arbeit, 2000)

Prozessorientierung ersetzt Funktionsorientierung (Quelle: REFA-Lehrmodul Organisation der Arbeit, 2000)

Die Einführung des Begriffs „Arbeitsorganisation“ in Verbindung mit einer prozessorientierten Organisations- und Unternehmensentwicklung war Ergebnis intensiver Diskussionen mit REFA-Funktionsträgern auf der REFA-Bildungskonferenz am 4. und 5. Februar 2000 in Dortmund. Ein zentraler Befürworter dieser Weiterentwicklung der REFA-Methodenlehre hin zu einer prozessorientierten Arbeitsorganisation war Prof. Binner in seiner Rolle als Präsident des REFA-Verbandes.

Die Umsetzung der REFA-Kernkompetenz „Prozessorientierte Arbeitsorganisation“ begann mit der Umbenennung der beiden klassischen Komponenten der REFA-Grundausbildung in „Arbeitssystem- und Prozessgestaltung“ sowie „Prozessdatenmanagement“.

Strategische Neuansätze in der Methoden-Weiterentwicklung

Ein entscheidender Schritt in der Weiterentwicklung der REFA-Grundausbildung und damit auch der REFA-Methodenlehre war die umfassende Überarbeitung der Lehrmodule. Diese Arbeit wurde vom Präsidiumsausschuss Entwicklung begleitet, der sich aus Experten aus Wissenschaft und Industrie, den Sozialpartnern, Hans-Joachim Adam – dem zuständigen Produktmanager beim REFA-Bundesverband für die REFA-Grundausbildung und die REFA-Technikerseminare – sowie Vertretern der REFA-Landesverbände zusammensetzte. Den Vorsitz dieses Ausschusses führte Prof. Dr. Kruppe, Vorsitzender des REFA-Landesverbandes Sachsen, der eine Schlüsselrolle in der Definition strategischer Ansätze der REFA-Methoden und in der Neupositionierung der REFA-Kernkompetenzen spielte.

Der Präsidiumsausschuss Finanzen überwachte die Entwicklungskosten, die vom Gesamtverband getragen wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der REFA-Bundesverband die Kosten allein übernommen. Für die verschiedenen Entwicklungsprojekte wurden Projektleiter ernannt.

Zu Beginn musste der Entwicklungsausschuss die Ziele der Weiterentwicklung klar definieren, ebenso wie die darauf basierenden Kernkompetenzen und die Bedeutung der REFA-Methodenlehre.

Die REFA-Kernkompetenz ist das systematische Entwickeln, Aufbereiten, Bereitstellen, Anwenden und Pflegen von Methoden und Standards zur erfolgreichen Unternehmensentwicklung durch Industrial Engineering, prozessorientierte Arbeitsorganisation und Arbeitssystemgestaltung.

Die REFA-Methodenlehre bezeichnet die Gesamtheit der von REFA im Zusammenhang mit den Tarifpartnern entwickelten und verbreiteten Kenntnisse, Methoden, Regeln und Lösungen zur Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung. Die REFA-Methodenlehre ist damit ein systematisiertes und autorisiertes Methoden-Wissen, das sich branchenübergreifend in Unternehmen und Einrichtungen bewährt hat und genutzt wird.

Prof. Dr. Eberhard Kruppe

Prof. Dr. Eberhard Kruppe

Dr. Evelin Schütte

Dr. Evelin Schütte

Dipl.-Ing. Rudolf Waleczek

Dipl.-Ing. Rudolf Waleczek

Prof. Dr. Alexander Neumann

Prof. Dr. Alexander Neumann

Dipl.-Ing. Oliver Kraus

Dipl.-Ing. Oliver Kraus

Die Überarbeitung und Weiterentwicklung der REFA-Grundausbildung wurde durch ein Team aus dem REFA-Lehrerkreis sowie von Prof. Dr. Kruppe selbst vorangetrieben. Aufgrund seiner umfangreichen Erfahrung als Controller übernahm Dr. Matthes die Rolle des Projektleiters.

Anfangs wurden zwei neu von Prof. Kruppe entwickelte Module integriert: Methoden der Prozessoptimierung und Gestaltung von Prozesskennzahlen. Zusätzlich wurde beschlossen, das erlernte Methodenwissen in praktischen Methodentrainings anzuwenden. Das Ziel war die Schaffung eines Lehrgangsmoduls speziell für den Montagebereich, das zeitgemäßes Wissen für Arbeitsorganisation in diesem Sektor vermitteln sollte. Diese Neuerungen bildeten die Grundlage für die nachfolgende, umfassende Überarbeitung der gesamten Ausbildung, inklusive einer Neustrukturierung der Lehrmodule und der Entwicklung neuer Themenbereiche. Dadurch vollzog REFA den methodischen Sprung von Arbeitssystemen zu Unternehmenssystemen.

Auch in den Bereichen Kostenrechnung, Planung und Steuerung sowie Qualitätsmanagement wurden neue REFA-Methoden entwickelt, die ab 2006 in den Seminaren zum REFA-Prozessorganisator Einsatz fanden. Das methodische Konzept für die Prozesskostenrechnung entwickelte Dr. Evelin Schütte, eine erfahrene REFA-Dozentin von der Grundausbildung bis zum Industrial Engineering. Sie überarbeitete zudem die Themen „Basiswissen Kostenrechnung“ und „Kostenkalkulation für die Auftragsabwicklung“, ergänzte diese mit EDV-gestützten Übungen und konzipierte Anwendungsübungen zur Datenermittlung sowie die Praxiswoche in der REFA-Grundausbildung.

Für die Weiterentwicklung zum Thema Statistik in der Arbeitsorganisation brachte Frau Dr. Schütte neue Übungsaufgaben ergänzend zum eingesetzten REFA-Fachbuch „Statistik in der Arbeitsorganisation“ ein.

Im Zuge der Weiterentwicklung der Thematik Statistik in der Arbeitsorganisation steuerte Frau Dr. Schütte neue Übungsaufgaben bei, die das bereits eingesetzte REFA-Fachbuch „Statistik in der Arbeitsorganisation“ ergänzten.

Unter dem Einfluss der neuen DIN ISO 9001 Norm für das Qualitätsmanagement musste auch dieses Thema im REFA-Portfolio eine Aktualisierung erfahren. Die Methodenkompetenz der REFA im Bereich der Einführung und Pflege eines prozessorientierten Qualitätsmanagements wurde nun praxisnah anhand eines durchgängigen Fallbeispiels dargestellt. Diese Aktualisierung spiegelte sich auch im neuen Seminartitel „Führungsorientiertes Qualitätsmanagement“ wider. In den Lehrmaterialien sowie in der Didaktik des Seminars wurde dies von Dipl.-Ing. Rudolf Waleczek umgesetzt, der beim REFA-Bundesverband ebenfalls als QM-Beauftragter tätig war.

Das Qualitätsmanagement muss jedoch innerhalb des Unternehmens auch effektiv mit dem Energie-, Umwelt- und Gesundheitsmanagement interagieren, um ein wirkungsvolles integriertes Managementsystem zu etablieren. Nur so können Synergieeffekte in der Entwicklung und Produktion neuer Produkte unter Einhaltung der Grundsätze des Total Quality Managements (TQM) realisiert werden. Zu diesem Zweck entwickelte Prof. Dr. Alexander Neumann für REFA das Seminar „Integrierte Managementsysteme/TQM“.

Es bestand zudem die Notwendigkeit, die REFA-Methoden zur Planung und Steuerung zu aktualisieren, um den veränderten Anforderungen der Industrie und somit den Bedürfnissen der REFA-Kunden nach neuen Methoden gerecht zu werden. Im Mittelpunkt standen integrierte Geschäftsprozesse, die durch einen kontinuierlichen Leistungsfluss miteinander verbunden sind und so das Produktions- und Auftragsmanagement optimieren sollten.

In einem Entwicklungsprojekt, geleitet von Dipl.-Ing. Oliver Kraus, einem Experten für Produktionsplanung und erfahrenen REFA-Dozenten, wurden die bewährten REFA-Methoden überarbeitet und durch neue Ansätze in den Bereichen „Planungsmethoden und -instrumente der Auftragsabwicklung“ sowie „Ressourcenplanung – Kapazitäts- und Materialwirtschaft“ erweitert. Es wurden nicht nur Planungsstrategien und -methoden für den Prozess der Auftragsabwicklung vorgestellt, sondern auch Werkzeuge zur Bestandserfassung und zur Planung der notwendigen Ressourcen.

Für die praktische Anwendung wurde ein umfassendes Fallbeispiel mit dem Titel „Methoden der Arbeits- und Prozessplanung in der Anwendung – Praxisseminar“ entwickelt. In diesem Seminar wurde den Teilnehmenden die Planung und Steuerung der Auftragsabwicklung in Unternehmen durch den Einsatz effizienter Methoden zur Analyse und Optimierung von Prozessen sowie Ressourcen nähergebracht.