1924-1945
Die REFA-Bücher der ersten Generation
Am 30. September 1924 wurde in Berlin der „Reichsausschuss für Arbeitszeitermittlung“, kurz REFA, gegründet. Dieser Schritt war das Ergebnis intensiver Diskussionen in verschiedenen Ausschüssen über die Normierung einer möglichst effizienten Gestaltung industrieller Arbeit sowie die Sammlung praktischer Anwendungen. Ein spezieller Ausschuss widmete sich dabei eingehend den Fragen des Arbeits- und Zeitstudiums und dessen Methodik, unter der Federführung von Oberingenieur Kurt Hegner.
Bereits im Jahr 1922 initiierte die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Betriebsingenieure unter seiner Leitung Kurse für Stücklohn-Kalkulatoren. Hegner erhielt den Auftrag, Kalkulationsunterlagen aus der Industrie zu sammeln und sie in geeignete Lehrmaterialien umzuwandeln. Nach zwei Jahren intensiver und sorgfältiger Arbeit gelang es ihm, diese Aufgabe zu erfüllen und die ersten Kurse in Berlin erfolgreich zu leiten. Diese Kurse bildeten die Grundlage für später im gesamten Reich angebotene Lehrgänge und markierten einen entscheidenden Schritt hin zur Gründung des REFA-Verbands.
Im Sommer 1924 präsentierte Hegner, angeregt durch die Industrie, sein „Lehrbuch der Vorkalkulation von Bearbeitungszeiten“. Dieses Lehrbuch setzte sich an die Spitze der Fachliteratur in diesem Bereich. Die darin gesammelten Erkenntnisse teilte Hegner in Lehrgängen mit der Industrie, wodurch er zum ersten „REFA-Lehrer“ und zu einem der Wegbereiter der REFA-Methodenlehre wurde.

Oberingenieur Kurt Hegner
Das erste REFA-Buch
Hegners Engagement führte dazu, dass 1928 das erste REFA-Buch „Einführung in die Arbeitszeitermittlung“ erschien. Es bot eine wegweisende Einführung in die Methoden und Ziele der REFA-Arbeit. Wesentliche Themen wie „Grundbegriffe der Arbeitszeitermittlung“, „Gliederung der Vorgabezeit“, „Kalkulationsmethoden (Schätzen, Vergleichen, Zeitstudien)“ sowie „praktische Tipps für die Einführung“ standen im Fokus.

Gliederung der Gesamtzeit der Fertigung (Quelle: 1. REFA-Buch, 1928, S.17)
Die Grundlagen der Arbeitszeitermittlung werden entwickelt
Das Buch entstand als Gemeinschaftsprojekt von 16 Fachleuten aus Industrie und Verbänden unter Kurt Hegners Leitung. Hegner führte zudem eine Prüfstelle, die später als Hauptausschuss bekannt wurde, welche die Aufgabe hatte, die fachliche Entwicklung und die Ausbildungen zu koordinieren. Die Weiterentwicklung der REFA-Bücher oblag jeweils einem Ausschuss, der später in Arbeitskreis umbenannt wurde, und einem aus Experten bestehenden Autorenteam. Die Leitung dieser Arbeiten übernahmen zunächst die benannten Arbeitskreisleiter und später die fachlichen Mitarbeiter beim REFA-Bundesverband.
Seit der Gründung des REFA-Verbands bildeten die REFA-Bücher die Grundlage für die Durchführung der REFA-Seminare. Abhängig von den Fähigkeiten der einzelnen Dozenten, wurden Handreichungen und Praxisbeispiele für die Teilnehmenden erstellt. Den Büchern kam somit eine zentrale Rolle in der Weiterentwicklung der Methodenlehre zu.


Das zweite und dritte REFA-Buch

Dreigliedrige Zeiteinteilung (Quelle: 50 Jahre REFA, S. 72, nach 2. REFA-Buch)

Schema der Vorgabezeit-Gliederung (Quelle: 50 Jahre REFA, S. 72, nach 2. REFA-Buch)





Dipl.-Ing. T. Maas (Gesamtleitung), Prof. Dr. H. Böhrs, Prof. Dr. Bramesfeld, Dr. Ing. E. Kupke, Dr. K. Pentzlin
Das Arbeitsstudium mit erweiterten Methoden der Zeitvorgabe und methodischen Ansätzen zur Arbeitsgestaltung und -bewertung sowie der Arbeitsunterweisung werden neue Themen der REFA-Methodenlehre
Auch das Thema Betriebsuntersuchungen aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive gewann an Bedeutung. Bereits zu Beginn der 1930er-Jahre beschäftigte man sich mit Fragen des Arbeitsstudiums und der Bewertung menschlicher Arbeit, was 1935 zur Umbenennung in „Reichsausschuss für Arbeitsstudien“ führte.
Man erkannte, dass es wichtig ist, zwischen dem Rationalisierungsgrad einer Fertigung und dem Leistungsgrad der Arbeitenden zu unterscheiden, da beide unabhängig voneinander das Leistungsergebnis beeinflussen. Der Leistungsgrad wurde daher bereits in den 1930er-Jahren in die REFA-Lehre aufgenommen.
1942 forderte die deutsche Regierung lohnordnende Maßnahmen zur „Leistungssteigerung und Herstellung der Lohngerechtigkeit“ in der Rüstungsindustrie. Der Reichsausschuss für Arbeitsstudien (REFA), der sich stets als neutrale Institution verstand, die jedoch der Gemeinschaft verpflichtet war, stellte die Methoden bereit und bildete die „REFA-Männer“ aus. Der Erfolg der REFA-Arbeit war maßgeblich für die Realisierung der geforderten Leistungssteigerung in der Rüstungsindustrie.
In dieser Zeit widmete sich REFA auch den Themen „Arbeitsstudien für die optimale Gestaltung der Arbeit“, „Zeitstudien zur Ermittlung richtiger Zeiten“ sowie der „Bewertung der Arbeit nach ihrem Wert“. Diese Überlegungen flossen in die Entwicklung des dritten REFA-Buchs ein, in das auch arbeitswissenschaftliche Ansätze, Arbeitsablaufstudien und Arbeitsplatzanalysen als Grundlage für betriebliche Verbesserungen Eingang fanden. Die Arbeitsunterweisung wurde ebenfalls erstmals thematisiert. Die Manuskriptarbeiten für das „Dritte REFA-Buch“ unter der Leitung von Diplom-Ingenieur Maas waren bis 1943 fortgeschritten, kriegsbedingt konnte dieses Buch jedoch nicht mehr veröffentlicht werden.